一型三年 ... so hieß es einmal. Doch was scheren uns schon diese alten Sprüche ... - oder?
Das durchdingende Verstehen erfordert ein großes Maß an Zeit, die hier genannten drei Jahre sind dabei sicher nur symbolisch zu verstehen im Sinne von "ein ordentliches Stück Zeit" ohne diese genauer zu benennen, schließlich ist dieses Zeitmaß von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, Talent, geistige Fähigkeiten, Geduld, wirkliches Interesse, "echtes Brennen" für die Sache sind wohl nur einige davon.
"Harte Arbeit" - wer ist schon wirklich dazu (auch noch in der "Frei-Zeit"!) bereit? Schon allein daran scheitert die Sache vielfach, bevor sie überhaupt begonnen hat. "Harte Arbeit", das heißt, Bereitschaft zur Hinnahme von Misserfolgen, Umwegen, Neuanfängen, wenn man schon glaubte, "weit gekommen" zu sein, Eingeständnis von Irrtümern, Mut, für Sicher Gehaltenes immer erneut in Frage zu stellen, und dann nochmal und nochmal, die Einsicht, einer Verblendung, auch dem "schönen Schein" erlegen zu sein, Ehrlichkeit, wenn klar wird, "das es so nicht gehen kann". Denn: nichts an einer Kata hat Bedeutung, wenn es keine kämpferische Bedeutung für den Übenden (!) hat. Und die Sache geht noch viel weiter: der Lehrende kann immer nur weitergeben, was er selbst zu dem gegebenen Zeitpunkt verstanden hat, doch jeder (!) hat seine Grenzen. Diese Grenzen zu erweitern, über sie hinauszugehen, dort, wo es ihm möglich ist, das ist der Auftrag, die Aufgabe an jeden, dem etwas übertragen wurde. Nicht zum Zwecke des bloßen Konservierens, des tumben Nachturnens, sondern zur persönlichen, individualisierten Weiterentwicklung, fortgesetzten Verbesserung, übungslebenslang.
Kata enthält kein mysthisches Geheimnis, die Kata "zu laufen" wie viele es nennen (und auch tun ...) führt nicht weit, auch nicht zu irgendeiner Form von "Erleuchtung". Sich jedoch immer wieder aufs Neue in der Haltung des Suchenden, desjenigen, der nicht aufhört zu fragen - warum? wofür? was soll das? - sich einer Kata zu nähern, kann ein Verständnis jenseits aller Oberflächlichkeiten eröffnen und so die Möglichkeit zur nutzbringenden Anwendung der Kata für den je Übenden selbst (!) den Grundstein legen.
Das alles ist schwer, ein steiniger Weg, harte Arbeit eben, bei jeder Kata. Und doch ist nicht jede Kata gleich zugänglich. Es gibt solche, die es vergleichsweise leicht machen, allerdings auch täuschend leicht zuweilen. Und es gibt diejenigen auf der ganz anderen Seite der Skala, solche, die sich wohl bedeckt halten, nicht nur weil sie so vielfach missverstanden, verändert, verstümmelt, von ahnungslosen Autoritäten mit "wahrhaft meisterlichem Verständnis" propagiert wurden, dass man ihnen kaum noch ansieht, welches Leben ihnen einst eigen war, welche kämpferischen Erfahrungen in ihnen kondensiert wurden, wieviel Bitternisse und auch Niederlagen es gekostet hat, daraus Gelerntes in eine Form zu bringen, die sich weiterreichen lässt, zum Nutzen der Nachfolgenden. Naihanchi ist eine solche Kata, die sich nicht "von selbst" öffnet, ganz und gar nicht. So vieles an ihr wirkt ähnlich und ist doch so verschieden, je genauer man hinschaut. Naihanchi: eine Kata, an der man irre werden kann, so zahllos sind die in ihr verborgenen Möglichkeiten, die vielfältigsten Kombinationen ihrer Teile in immer neuen Abfolgen, je nach Situation und Ziel, Naihanchi führt ins Unüberschaubare, lässt keinen Raum für das Gefühl schlussendlich "ver-standen" zu haben, fertig zu sein mit der Arbeit an und mit ihr. Immer wieder ist der sicher geglaubte Boden schwankend, das Vertraute auf erstaunliche Weise neu. Naihanchi, die so arglos schlicht daherkommt mit ihrem Linien-Embusen, über den allein schon im Laufe der Zeit jede Menge Unfug generiert worden ist. Dabei als Schritt-Bild doch so überaus passend für diese Nahkampf-Kata ganz eigener Art, ist doch die Linie die direkteste und somit schnellste Verbindung zwischen zwei Punkten. Und genau die gilt es schließlich zu suchen, will man in einem Kampf nicht zweiter Sieger sein.
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